Vorwurf gegen Mercedes-USA zu gewerkschaftsfeindlicher Kampagne

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Frankfurt (Reuters) - Kurz vor der Belegschaftswahl im US-Werk von Mercedes-Benz wird dem Unternehmen eine Kampagne gegen die Autogewerkschaft UAW vorgeworfen.

Der Dachverband der Kritischen Aktionäre verlas auf der Hauptversammlung des Dax-Konzerns am Mittwoch die Rede eines Arbeiters, der sich für die Wahl der gewerkschaftlichen Vertretung durch die UAW im Werk Tuscaloosa/Alabama einsetzt. Darin beklagte Jeremy Kimbrell, Führungskräfte hätten sich gegen die Gewerkschaft ausgesprochen. Mercedes-Benz habe die Agentur RWP eingeschaltet, die eine gewerkschaftsfeindliche Kampagne fahre. Das sei ein Verstoß gegen die Grundsatzerklärung von Mercedes-Benz für soziale Verantwortung und Menschenrechte.

Die Wahl in der Mercedes-Fabrik mit rund 5200 Beschäftigten läuft von 13. bis 17. Mai. Die UAW hatte vor einiger Zeit schon Beschwerde bei der US-Arbeitsbehörde NLRB eingelegt, weil der Arbeitgeber Druck auf Beschäftigte ausübe, die sich organisieren wollten. Das Unternehmen wies das zurück. Anfang April legte die UAW Beschwerde in Deutschland ein, dass Mercedes gegen das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz verstoße.

"Mercedes-Benz U.S. International (MBUSI) hat kein Teammitglied in seinem Recht auf eine gewerkschaftliche Vertretung behindert oder Vergeltungsmaßnahmen ergriffen", erklärte der Autobauer. Der Konzern bekenne sich zu seiner Grundsatzerklärung und erkenne das Recht der Beschäftigten auf gewerkschaftliche Vertretung an, antwortete Mercedes-Rechtschefin Renata Jungo Brüngger auf der Hauptversammlung auf die Frage der Kritischen Aktionäre. "Mercedes-Benz USA wird die Entscheidung seiner Beschäftigten respektieren", ergänzte sie. Das Unternehmen informiere die Mitarbeitenden dort, damit diese sich frei entscheiden könnten. "Dabei wird Mercedes-Benz von Dienstleistern unterstützt."

Ob die Beratung RWP beauftragt wurde, wollte Mercedes nicht sagen. RWP zielt nach eigener Darstellung darauf ab, Unternehmen gewerkschaftsfrei zu halten. Nach Reuters vorliegenden Informationen sind RWP-Mitarbeitende im Mercedes-Werk im Einsatz. Die Agentur wollte sich dazu nicht äußern.

Der UAW war es bisher nicht gelungen, bei Mercedes-Benz und anderen ausländischen Herstellern Fuß zu fassen. Vor Kurzem gelang jedoch der Durchbruch im US-Volkswagenwerk Chattanooga. Die Gewerkschaft hat sich zum Ziel gesetzt, ihren Einfluss über die traditionellen US-Autobauer hinaus auszudehnen - zum Beispiel auch bei Tesla. Die deutschen Autobauer wählten südliche US-Bundesstaaten als Standorte auch aus dem Grund, weil die Bevölkerung dort traditionell gegen Gewerkschaften ist.

Mercedes-Betriebsratschef Ergun Lümali rief in der "Welt am Sonntag" die US-Kollegen auf, für die UAW zu stimmen. "Wir ermutigen die Kolleginnen und Kollegen in Tuscaloosa, Geschichte zu schreiben, indem sie ihr Wahlrecht wahrnehmen und für die Bildung einer Gewerkschaft stimmen", sagte er der Zeitung. Bei der Mercedes-Schwester Daimler Truck ist die UAW schon seit drei Jahrzehnten vertreten und schloss kürzlichen einen neuen Tarifvertrag ab. "Wir haben eine sehr gute Beziehung mit den Gewerkschaften, ich kann mich überhaupt nicht beschweren", sagte Daimler-Truck-Chef Martin Daum vergangene Woche.

(Bericht von Ilona Wissenbach, Andrey Sychev, Nora Eckert, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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